Reine Kopfsache oder warum wir manchmal etwas auf den Kopf stellen sollten
Das machen wir schon immer so: Manchmal ist es gut, Dinge so zu machen, wie man sie immer schon gemacht hat. Und manchmal, oder auch noch öfter, ist es gut, ungewöhnliche Wege auszuprobieren, um zu erleben: Plötzlich fühlt es sich stärker an.
Denn viel zu oft versuchen wir, unsere Probleme mit immer den gleichen Schritten, dem gleichen Weg zu lösen. Und das, obwohl wir schon beim letzten Mal gar nicht oder nur mit Mühe angekommen sind.
Doch warum fühlt es sich erst einmal richtig an, es einfach so zu machen, wie man es immer schon gemacht hat? Reine Kopfsache: Unser Gehirn ist Energiesparer. Da ist etwas, das wir bewältigen müssen. Da gibt es eine Erfahrung mit einem ähnlichen Problem. Damals hat man es so gemacht. Und damals war es eine gute Lösung. Die beste, die wir finden konnten. Also greift unser Gehirn sozusagen nach dem, was einmal das Beste war. Und schon sind wir auf dem gleichen Weg.
Doch das Leben verändert sich. Wir verändern uns. Und eine Lösung, die für uns als Kind gut war, ist möglicherweise eine ziemlich schlechte für uns als Unternehmerin oder Unternehmer. Wie man zum Beispiel mit der Erfahrung umgeht, etwas nicht geschafft zu haben. Wenn wir damals schon wieder eine fünf in der Mathearbeit hatten, war eben die Lehrerin schuld, die einfach nicht erklären konnte. Wenn wir unser Unternehmensziel nicht erreichen, sind es vielleicht die Mitarbeitenden, die sich einfach nicht genug einsetzen. Oder wenn der Kollege Fritz die Beförderung erhält, auf die ich schon so lange warte, ist eben der Chef nicht in der Lage, meine Stärken zu sehen.
Gegen den Autopiloten und für uns selbst
Das Gute dabei: Wir fühlen uns (wieder) nicht herabgesetzt. Wir können ja nichts dafür. Die schlechte Nachricht: Es ändert sich nichts. Jedenfalls nicht so, wie wir es uns eigentlich wünschen: Dass wir mit Freude auf das schauen können, was wir gemeinsam mit den Mitarbeitenden geschafft haben. Was besser geworden. Wo plötzlich Erfolge sind, wo es vorher schwierig war. Oder mein Chef mich fragt, wo ich eigentlich im Unternehmen sein möchte.
Doch wie bringen wir unser Gehirn dazu, nicht nach der damalig besten Lösung zu greifen? Denn das Fatale dabei: Niemand von uns denkt an die Erfahrung mit der Mathearbeit, wenn heute etwas nicht klappt. Das macht unser Gehirn ganz alleine für uns. Unser Gehirn ist sozusagen unser Autopilot. Wie kommen wir von zu Hause zu unserem Lieblingsrestaurant? Wie bearbeiten wir eine Kundenanfrage? Wie gehe ich mit Ärger oder Freude um?
Manchmal ist es gut, Dinge so zu machen, wie man sie immer schon gemacht hat. Doch vielleicht gibt es einen viel erfolgreicheren Weg, den Kontakt zu einem neuen Kunden aufzunehmen? Einen Weg, der noch dazu viel besser zu mir selber passt? Vielleicht gibt es längst einen anderen, viel kürzeren Weg zu meinem Lieblingsrestaurant? Oder vielleicht könnte auch das Restaurant, das neulich fast nebenan eröffnet hat, zu meinem ganz neuen Lieblingsrestaurant werden? Vielleicht kann ich meinen Ärger über die übergangene Beförderung dazu nutzen, ganz offen über meine Stärken und Wünsche mit meinem Chef zu sprechen?
Querdenken als Eröffnung von Erfolg
Erfolgreiche Worte sind oft genug quergedachte Worte: Was wäre eben, wenn es auch ganz anders ginge? Was wäre, wenn ich einmal auseinandernehme, was so selbstverständlich zusammengehört? Und dann auf neue Weise zusammenfüge? Und dann staunend dabei erleben darf, dass plötzlich etwas Großartiges, Neues entsteht? Und dieses Neue schon bald als Innovation des Jahres gefeiert wird – das Unternehmen, das sich ganz anders für die Gesundheit seiner Mitarbeitenden einsetzt. Das Unternehmen, das eine viel einfachere und ökologische Methode erfunden hat, um ein Verpackungsproblem zu lösen. Der Mensch, der plötzlich anfängt zu lächeln, wo vorher Ärger war.
Ich lade Sie ein, einmal querzudenken. Um was auch immer es geht. Wozu ist der Fehler gut? Warum ist es gut, einfach nur still zu sein? Was würde ich zu dieser Maßnahme sagen, wenn ich nicht Chefin, sondern Mitarbeiterin wäre? Was wäre, wenn ich meine Annahmen über dieses Projekt einmal in das Gegenteil verkehre? Was wäre, wenn ich die Annahmen meines Geschäftspartners hätte? Was wäre, wenn es auch ganz anders ginge?
Querdenken eröffnet neue Wege. Plötzlich scheint etwas leichter. Und plötzlich macht wieder Freude, was vorher nur noch Pflicht war. Was, wenn es auch ganz anders ginge? Was, wenn Führen von Mitarbeitenden plötzlich vor allem heißt, Mitarbeitende zu ermutigen und zu inspirieren, selbst zu denken und nach der bestmöglichen Lösung zu suchen? Was, wenn Arbeiten vor allem heißt, das Leben in seiner Tiefe zu spüren und sich als Teil einer kreativen und verantwortungsvollen Gemeinschaft zu erleben? Was, wenn da plötzlich das Gefühl von Kraft und Energie wäre?